Sonntag, 9. Juni 2013

Nachtrag


Zu vermieten: Kundenmangel?

País de la plata

Auch schon vor hundert Jahren wurde vielen Menschen versprochen, das Gold liege in Argentinien. Meist im übertragenem Sinne. Die Reise auf die andere Seite der Welt war aber für die meisten Auswanderer durch die Hoffnung auf Wohlstand geleitet.
Ich würde lügen, behaupte ich, ich sei ein Wirtschaftsflüchtling. So bin ich wohl eher ein Hoffnungstourist oder es hat mich kurzum hierher verschlagen. Was vom Wunsch des Überflusses übrig blieb, interessiert mich dennoch nicht weniger. Und ja - ich erblickte des öfteren Grenzenlosigkeit. Nur schon die Orte, die ich besuchen durfte, vermittelten mir eine Unendlichkeit. Ich wollte mich natürlich vergewissern und das Ende suchen. So schwang ich mich auf ein Fahrrad und fuhr los. Meine letzte Kraft gab ich in die Pedale, von einer Grenze nicht die Spur. So kehrte ich nach einer Stunde wieder um.
Endlos
Also an Weite fehlt es nicht. Das riesige Land mit ihrer Erde wird auch rege genutzt. Bin ich im Supermarkt und will ein bescheidenes Abendbrot - Brot, Käse, Wurst - zusammenstellen, entscheide ich mich doch meist eher für ein saftiges Stück Rindfleisch. Für meinen Geldbeutel ist das die sparsamere Variante. Schreite ich weiter zur Getränkeabteilung übersehe ich wissentlich die Saftabteilung und nimm mir lieber einen gegorenen. Zugegeben, der Wein ist teurer als Wasser, aber das Kosten-Nutzen Verhältnis spricht Bände.
Kosten-Nutzen Verhältnis: Wein:2-Wasser:1
Das letzte Mal hatte ich diese Situation in Bessarabien, jedoch aufgrund von Wassermangel und nicht Weinüberfluss. Kürzlich bei einem Hotelaufenthalt hat sich dieser Eindruck bestärkt. Geniesse den Moment unbezwungen, grenzenlos.
Erwachendes Kopfzerbrechen
 Für die Ernüchterung am nächsten Morgen ist gesorgt. So einfach die Lösung im Hotel schien (nebenbei besten Dank, ich musste am Morgen die Lösung aufgelöst runterspülen) zeigt sie sich im Normalleben nicht.
Zurück im Supermarkt brauche ich noch Olivenöl für mein Steak. Vor dem Regal werde ich aber darauf hingewiesen, dass ich höchstens zwei Flaschen kaufen dürfe. Schockiert wanke ich weiter zur Mateabteilung. Brauche ich doch Yerba (Kraut des Mate-Strauchs) für einen Beruhigungsmate. Da stellt sich mir ein weiteres Schild in den Weg: Maximal 1 Kilogramm pro Person.
Bis anhin hatte ich noch nie den Wunsch, aber die Restriktionen animierten mich zu Hamsterkäufen. Wurden die Kaufmengen doch aufgrund der untragbaren Inflationsrate von der Regierung verhängt. Die Rechnung ist simpel mit einer Inflation von fast 30% (gemäss Regierung rund 10%) ist heute alles günstiger als morgen.
Yerba-Beutel: meist halbleer 
In der Frucht- und Gemüseecke erhellt sich mein Gemüt wieder. Die Auswahl unglaublich! Da liegen Kakis, grosse Avocados, Babybananen und Granatäpfel. Woher diese Exoten stammen und wie sie es bis hierher geschafft haben, verdränge ich und fülle meinen Einkaufsbeutel. Unglaublich, diese Früchte scheinen dem Protektionismus der argentinischen Landwirtschaft und allen Handelshemmnissen getrotzt zu haben.
Na ja! nicht allen! Der Blick auf die Preise lässt mich nach dem Wein in meinem Beutel greifen. Beruhig dich Dani! Orangen schmecken auch gut. Vor den aufgetürmten Orangen kommt meine Ruhe zurück. Preisschild überprüfen: 7.50 Pesos, weiter lesen: Eingefrorener Preis. Fast würde ich der argentinischen Regierung dafür danken, dass sie kurzum 2013 alle Produktpreis in den Supermärkten einfrieren liess. Heute sind einige Preise wieder offen, eine Liste von 100 Produkten (v.a. Grundnahrungsmitteln) soll aber beibehalten werden.
Ohne Mengenbeschränkung fülle ich meine Einkaufstasche und schreite zur Kasse. Lege meine Produkte: Grosses Fleisch, Flasche Wein, kleines Olivenöl, ein Kilo Yerba und zwei Kilo Orangen auf die Theke. Bezahle die Rechnung und warte auf mein Rückgeld. Und warte. In der Kasse gibt's kein Rückgeld. Und warte...